Paarberatung / Paartherapie

Viele Männer haben eine starke Aversion, sich mit emotional geladenen Themen zu beschäftigen. Dies kann auch nicht verwundern, denn die traditionelle Jungenerziehung beruht darauf, den Jungen beizubringen, dass sie für die harten Sachen (Geld verdienen, Haus bauen, Auto fahren, Krieg führen, etc.) zuständig sind, während Frauen sich um die weichen Sachen kümmern (Bügeln, Wäsche legen, Babys den Po abwischen, Gefühle). Ein solcherart zum rational, asketischen und gefühlsreduzierten dressierten Mann macht auf Dauer keine einigermaßen sensible und kluge Frau glücklich, im Gegenteil, der Clinch ist vorprogrammiert, wird aber in vielen Beziehungen unter der Decke gehalten und verdrängt oder somatisiert (Verdrängung ins Körperliche), so etwa durch Störungen sexueller Funktionen, Herzprobleme, Autoimmunkrankheiten, Bandscheibenvorfälle, etc.

Der traditionell erzogene Mann ist daher mehr oder weniger beratungsresistent, ja mehr noch, er stirbt lieber, als dass er auch nur probeweise mal mit seiner Partnerin in eine Beratungsstelle ginge. Einzig und allein eine tatsächlich im Raum stehende Trennung seitens seiner Partnerin wirkt gelegentlich noch als Notbremse. Da der Mann aber kein wirkliches Beratungsinteresse hat, sondern nur den Wunsch, dass die Frau durch sein konformes Verhalten ihre Trennungsabsicht doch noch einmal aufgibt.

Dass Männer in heterosexuellen Beziehungen zu den von ihren Partnerinnen "vorgeschlagenen" Themen oft schweigen, hat oft weniger mit der generellen Ablehnung von Kommunikation durch die Männer zu tun, sondern oft damit, dass Frauen in ihrem Kommunikationsangebot schon vorab definieren, wo das Problem liegt, nämlich beim Mann und was getan werden müsste, damit das Problem behoben wird, nämlich der Mann muss sich ändern. Er muss liebevoller, pünktlicher, fleißiger,  ehrlicher, offener sein, seine Gefühle zeigen, nicht so wehleidig sein, er soll endlich erwachsen werden, nicht mehr so viel arbeiten, mehr Geld verdienen, früher nach Hause kommen, berufliche Karriere machen, mit Rauchen aufhören, nicht so nervös sein, sich mehr um die Kinder kümmern, sich um mehr soziale Kontakte bemühen, zu Elternabenden gehen, nicht zu Elternabenden gehen, nicht so lange von zu Hause wegbleiben, nicht vor dem Fernseher sitzen, in der Küche helfen, in der Küche nicht alles durcheinanderbringen, usw. usf.

Um so mehr die Frau die Nähe sucht, um so mehr zieht sich der Mann zurück, dies ist ein Muster, das man wohl in vielen heterosexuellen Partnerschaften beobachten kann. Das dies so ist, hat vermutlich viel mit den Sozialisationsbedingungen zu tun, unter denen viele Männer und Frauen als Junge und Mädchen aufgewachsen sind. Der eigene Vater war meist real oder psychisch abwesend, was bei der Mutter dazu geführt haben kann, den Sohn als männlichen Partnerersatz zu benutzten. 

Der Sohn erfuhr damit zweierlei, zum einen narzisstische Aufwertung durch die Mutter und zum anderen ein Abgrenzungsproblem zur Mutter. Dieses setzt er als erwachsener Mann fort. Die Suche nach narzisstischer Bestätigung durch die Partnerin bei gleichzeitigen Bemühen um Distanzierung von ihr.

Der Mann phantasiert die Partnerin als Mutterfigur. So kann man als Berater in der Einzelberatung oft erleben, dass sich Männer versprechen und sagen "meine Mutter", wenn sie ihre Partnerin meinen (Freudscher Versprecher). Auf Grund der noch nicht vollzogenen Ablösung von der eigenen Mutter sind viele Männer auch nicht in der Lage, sich in angemessener und konstruktiver Weise von Frauen abzugrenzen. Dies kann man auch bei vielen männlichen Politikern beobachten, die zu allen politischen Forderungen von Frauen ungeachtet ob deren Sinnhaftigkeit unreflektiert Ja und Amen sagen oder sich in traditioneller Männlichkeit im Schweigen und Aussitzen üben.

Angesichts der vielen widersprüchlichen Anforderungen ihrer Partnerinnen und fehlender Befähigung zur konstruktiven Abgrenzung, gehen viele Männer in die innere Emigration. Das haben sie schon als kleiner Junge mit ihrer Mutter gelernt und es scheint der einzig gangbare Weg zu sein, um sich der unerwünschten Erwartungen, Vorhaltungen und Ratschläge zu erwehren.

Der Gang in innere Emigration hat jedoch in der Regel eine Eskalation des Paarkonfliktes zur Folge. Denn der Gang in die Emigration stellt seinerseits einen versteckt aggressiven Akt der Verweigerung durch den Mann dar. Die Partnerin wird mit dem Beziehungsproblem allein gelassen. Es kommt zur Frustration und Wut. Der Konflikt spitzt sich zu. Früher oder später kommt zur inneren auch die äußeren Trennung. Paare die innerlich getrennt sind, kann man gut in Restaurants beobachten, sie sitzen gemeinsam schweigend am Tisch, starren mürrisch in verschiedene Richtungen und als zufälliger Beobachter fühlt man sich wie erlöst, wenn sie endlich bezahlen und gehen.

Auch Töchter wachsen (wie auch Söhne) oft unter permanenten Vatermangel auf. Die Tochter  hungert nach erfahrbarer Männlichkeit (Väterlichkeit). Für die erwachsen gewordene Tochter muss dies nun ihr Partner gutmachen und befriedigen. Die Katastrophe ist vorprogrammiert. Die Frau giert nach der Aufmerksamkeit und Zuwendung durch den Mann, während der Mann sich gleichzeitig von der Frau zurückzieht. Bleibt der Konflikt ungelöst, kommt es in der Partnerschaft früher oder später zu massiven Symptomen wie Krankheit, psychische und physische Gewalt. Eine Trennung ist dann mehr oder weniger unvermeidlich, wenn die beiden nicht im ungelösten Kampf miteinander verbleiben wollen.

Um die Beziehung wieder lebendig werden zu lassen, ist es notwendig den Konflikten in einer ehrlichen, konstruktiven und den anderen respektierenden Art und Weise Raum zu geben. Bei uns heißt Paartherapie - ein besseres Wort fällt und leider nicht ein - sich dem Konflikt zu stellen, denn - die Wahrheit beginnt zu zweit - wie der verstorbene Paartherapeut Michael Lukas Moeller so schön sagte.

Paarberatung (Paartherapie) heißt bei uns, den jeweils wichtigen Konflikten Raum zu geben und sie sich von Angesicht zu Angesicht entwickeln zu lassen. Dabei den jeweils eigenen familiären Hintergrund, im Blick zu haben, denn die mitgebrachten Muster aus der eigenen Herkunftsfamilie leiten uns im Hier und Jetzt der eigenen Partnerschaft an.

Als Aufgabe für Männer steht oft die emotionale oder reale Abnabelung und Emanzipation von der eigenen Mutter an. Als Aufgabe für die Frauen, die Aufgabe der Idee, Zuwendung, Liebe und Anerkennung in der Partnerschaft erzwingen zu können. Beide, Mann und Frau können lernen, besser für sich selbst zu sorgen, so dass dies nicht an den Partner delegiert werden muss.

Paarberatung (oder auch Paartherapie) heißt für uns auch, unserer eigenen Vorstellung von Mann- und Frausein nachzuspüren. Viele Vorstellungen behindern uns im Hier und Jetzt. Darf ich als Mann nie nachgeben oder die passive Rolle übernehmen? Muss ich als Frau immer in der Rolle der hilflosen und abhängigen Person bleiben?

Dem Therapeuten oder wie auch diese Person auch immer nennen mag,  kommt in diesem Entwicklungsprozess des Paares eine mitgestaltende und moderierende Funktion zu. Ratschläge sind weitestgehend überflüssig, es sei denn sie werden stillschweigend oder ausdrücklich erwünscht. Der Therapeut kann dann seine persönliche Meinung vortragen, von der die anderen entscheiden, was sie davon annehmen wollen und was nicht.

Unser theoretischer und praktischer Arbeitshintergrund speist sich aus der systemischen Therapie und Beratung, bzw. der systemischen Familientherapie, aus der humanistischen Psychotherapie, insbesondere der Gestalttherapie und der Körperpsychotherapie.

Paarberatung geschieht üblicherweise mit zwei Teilnehmenden, dem Paar. Das zu sagen mag trivial erscheinen, wir bieten aber auch Paarberatung für Männer und Frauen an, deren Partner/in eine Teilnahme nicht möglich ist, so etwa wenn sich dieser zeitweilig im Ausland befindet, krank ist oder schlichtweg der Meinung ist, so ein Psychokram wäre nur was für Gestörte und im übrigen nur finanzielle Abzocke.

Paarberatung (Paartherapie) für Einzelne kann sinnvoll sein, wenn einer der beiden Partner kein Interesse an einer gemeinsamen Sitzung zeigt. Relativ häufig scheint dies bei Männern so zu sein, denen es nicht geheuer ist, sich mit der Partnerin von Angesicht zu Angesicht auseinander zu setzen oder in Anwesenheit der Partnerin, dem Berater Einblick in ihre persönlichen Angelegenheiten zu gewähren und sich dessen tatsächlicher oder mutmaßlicher Meinung auszusetzen.